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Fahrradunfall ohne Helm: Mitverschulden an Kopfverletzung
Kategorie: [Rechtstipps]

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass ein Radfahrer, der im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen – sich verkehrswidrig verhaltenden – Verkehrsteilnehmer kollidiert und infolge des unfallbedingten Sturzes Kopfverletzungen erleidet, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, sich grundsätzlich ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen muss.

Die Klägerin fuhr mit ihrem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit auf einer Straße. Sie trug keinen Fahrradhelm. Am rechten Fahrbahnrand parkte ein PKW. Die Halterin des PKW öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Fahrradfahrerin von innen die Fahrertür, so dass die Radfahrerin nicht mehr ausweichen konnte, gegen die Fahrertür fuhr und zu Boden stürzte. Sie fiel auf den Hinterkopf und zog sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu, die einen zweimonatigen Krankenhausaufenthalt erforderten und anschließend eine ambulante Weiterbehandlung. Da die ärztliche Behandlung und die berufliche Wiedereingliederung noch nicht abgeschlossen waren, verlangte die Fahrradfahrerin vor Gericht zunächst die Feststellung, dass die Halterin des PKW und deren KFZ- Haftpflichtversicherung verpflichtet sind, ihr alle aus dem Unfall entstandenen und zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen, insbesondere auch ein Schmerzensgeld zu zahlen. Die Halterin des PKW und ihre Versicherung verteidigten sich damit, dass die Fahrradfahrerin ein Mitverschulden an den Kopfverletzungen treffe, weil sie keinen Helm getragen habe. Das OLG Schleswig hat den Mitverschuldensanteil mit 20% bemessen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes trifft die Fahrradfahrerin ein Mitverschulden an den erlittenen Schädelverletzungen, weil sie keinen Helm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen hat (sog. Verschulden gegen sich selbst). Der Mitverschuldensanteil sei im konkreten Fall mit 20% zu bemessen. Hierbei werde zum einen berücksichtigt, dass ein Helm nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen die Kopfverletzung der Fahrradfahrerin zwar in einem gewissen Umfang hätte verringern, aber nicht verhindern können, und zum anderen, dass das grob fahrlässige Verhalten der Halterin des PKW den Mitverschuldensanteil der Fahrradfahrerin deutlich überwiege. Zwar bestehe für Fahrradfahrer nach dem Gesetz keine allgemeine Helmpflicht. Fahrradfahrer seien heutzutage jedoch im täglichen Straßenverkehr einem besonderen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Der gegenwärtige Straßenverkehr sei besonders dicht, wobei motorisierte Fahrzeuge dominierten und Radfahrer von Kraftfahrern oftmals nur als störende Hindernisse im frei fließenden Verkehr empfunden würden. Aufgrund der Fallhöhe, der fehlenden Möglichkeit, sich abzustützen (die Hände stützen sich auf den Lenker, der keinen Halt bietet) und ihrer höheren Geschwindigkeit, z.B. gegenüber Fußgängern, seien Radfahrer besonders gefährdet, Kopfverletzungen zu erleiden. Gerade dagegen solle der Helm schützen. Dass der Helm diesen Schutz auch bewirke, entspricht der einmütigen Einschätzung der Sicherheitsexperten und werde auch nicht ernsthaft angezweifelt. Die Anschaffung eines Schutzhelms sei darüber hinaus wirtschaftlich zumutbar. Daher könne nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen werde, soweit er sich in den öffentlichen Straßenverkehr mit dem dargestellten besonderen Verletzungsrisiko begebe.

Gericht/Institution: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Erscheinungsdatum: 17.06.2013

Entscheidungsdatum:

Quelle: Juris.de

RA Wolfgang Schmeja, Sankt Ingbert

www.anwaltschmeja.de

05.06.2013

 


Veröffentlicht am 21.06.2013 von Wolfgang Schmeja
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